Hat Familie Zukunft? Analysen und Perspektiven aus dem deutschsprachigen Raum
Gerhard Marschütz
Universität Wien; Kirchlich Pädagogische Hochschule Wien/KremsAbstrakt
Die im Titel gestellte Frage ist keineswegs rhetorisch zu verstehen. Bereits einige Jahrzehnte dauert im deutschsprachigen Raum der Trend an, dass der Familiensektor im Vergleich zum Nicht-Familiensektor kontinuierlich abnimmt. Schon allein deshalb ist wiederholt von tiefgreifenden Veränderungen, ja sogar von einer Krise der Familie die Rede. Denn immer weniger Menschen gründen eine Familie und leben in ihr, zugleich vermehren sich unaufhaltsam nichtfamiliale Lebensformen wie Paare ohne Kinder oder Singlehaushalte. Doch weniger Familien bedeuten zugleich weniger Kinder, was wiederum eine absehbare Überalterung der Gesellschaft bewirkt. Offenbar scheint Familie als Lebensform bei jüngeren Erwachsenen mehr denn je ihre ehemals biografische Selbstverständlichkeit verloren zu haben. Zwar ist das nur die eine Seite, da andererseits der in diversen Wertestudien artikulierte Wunsch nach Familie weiterhin ungebrochen hoch ist. Der 15. Shell-Jugendstudie aus dem Jahr 2006 zufolge ist die Mehrheit (72%) jüngerer Frauen und Männer im Alter von 12 bis 25 Jahren nach wie vor fest davon überzeugt, dass man eine Familie braucht, um wirklich glücklich leben zu können. Und diese Überzeugung wird durchaus angesichts des Wissens um die Schwierigkeit, Ausbildung, Beruf und Karriere sowie Partnerschaft und Kindererziehung vereinbaren zu können, geäußert. Somit artikuliert sich im Wunsch nach Familie ganz offensichtlich auch eine tiefe Sehnsucht des Menschen. Drittens ist es vermutlich gerade diese Diskrepanz zwischen Wunsch und Wirklichkeit, die wiederum die Politik und insbesondere Kirchen verstärkt die Bedeutung von Familie für die Zukunft einer Gesellschaft betonen lässt. Zahlreiche Politiker unterstreichen, gestützt auf entsprechende Szenarien der sozialwissenschaftlich dominierten Familienforschung, die soziale Be deutung der Familie. Erbringen doch Familien im Regelfall Leistungen, die in ihrem externen Effekt für die Gesamtgesellschaft unverzichtbar sind, da sie diese selbst nicht zu erbringen vermag. Als anerkannte zentrale familiale Leistungen gelten vor allem die quantitative und qualitative Nachwuchssicherung, die Bildung und Wahrung familialen Zusammenhalts auf der Basis personaler Verbundenheit sowie die Stabilisierung der Solidarität zwischen den Generationen. Diese Leistungen hat der Fünfte Familienbericht aus Deutschland (1994) und im Anschluss daran auch der Vierte Familienbericht aus Österreich (1999) unter dem Begriff Humanvermögen zusammengefasst1. Die Familie ist demnach der bevorzugte Ort der Entstehung und Erhaltung von Humanvermögen [...], das die Überlebensfähigkeit und Kultur einer Gesellschaft sichert2. Auch kirchliche Amtsträger tätigen wiederholt derart gewichtige Aussagen. Stellvertretend für viele soll hier nur Papst Johannes Paul II. mit seinem bekannten Satz aus dem Schlussteil des Apostolischen Schreibens Familiaris consortio (1981) zitiert werden: Die Zukunft der Menschheit geht über die Familie! (FC 86). Dem allgemeinen Konsens über die Bedeutung der Familie für die Zukunft der Gesellschaft liegt aber die bedrängende Frage zugrunde: Was sichert die Zukunft der Familie?
Słowa kluczowe:
family in its turning point, processes of modernization, family policy, family as a personal life form, family as a social life formAutorzy
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